Gregor der Erleuchter – Der Täufer Armeniens
Gregor der Erleuchter (ca. 257–328) gilt als der Begründer der Armenischen Apostolischen Kirche und wird als Nationalheiliger verehrt. Unter seinem Wirken wurde Armenien das erste Land der Welt, das das Christentum als Staatsreligion annahm – noch vor dem Toleranzedikt von Mailand (313). Seine Geschichte verbindet sich eng mit der Identität Armeniens als ältester christlicher Nation.
Vom Verfolgten zum Bischof: Gregors Weg
Gregor wurde um 257 in Kappadokien geboren, möglicherweise in eine adelige armenische Familie. Sein Vater Anag war an der Ermordung des armenischen Königs Khosrov II. beteiligt und wurde daraufhin hingerichtet. Gregor wuchs im Exil auf, erhielt eine christliche Erziehung und kehrte später nach Armenien zurück. Dort geriet er unter König Tiridates IV., der ihn wegen seines Glaubens verfolgte und in die Chor Virap („Tiefes Verlies“) werfen liess.
Der Legende nach verbrachte Gregor 13 Jahre in der Höhle, bevor er auf wundersame Weise befreit wurde: Tiridates erkrankte schwer (in manchen Berichten wird eine wahnsinnsähnliche Verwandlung beschrieben) und liess Gregor auf Anraten seiner Schwester Khosroviducht holen. Durch Gregors Gebete soll der König geheilt worden sein – ein Schlüsselmoment, der Tiridates’ Bekehrung zum Christentum auslöste.
Die Christianisierung Armeniens
Gregor wurde zum ersten Katholikos (Bischof) Armeniens ernannt und begann, das Land systematisch zu christianisieren. Die offizielle Annahme des Christentums als Staatsreligion wird traditionell auf 301 datiert, doch moderne Historiker vermuten eine spätere Einführung (um 314), zeitgleich mit den religiösen Reformen Konstantins im Römischen Reich.
Gregor organisierte die Kirche, liess Klöster und Kirchen errichten und bildete Priester aus. Sein bedeutendstes Bauwerk war die Kathedrale von Etschmiadsin, die bis heute das geistliche Zentrum der Armenischen Apostolischen Kirche ist. Seine Missionsreisen führten ihn in entlegene Regionen, wo er lokale Kulte durch das Christentum ersetzte.
Rückzug und Vermächtnis
In seinen letzten Jahren zog sich Gregor als Eremit zurück und übergab sein Amt an seinen Sohn Aristakes, der später am Konzil von Nicäa (325) teilnahm. Gregor starb um 328, und seine Reliquien wurden in verschiedenen Kirchen verehrt.
Sein Erbe ist bis heute lebendig: Die Armenische Apostolische Kirche sieht in ihm ihren geistlichen Vater, und sein Einfluss prägt die enge Verbindung zwischen christlichem Glauben und armenischer Identität. Chor Virap, sein legendäres Gefängnis, ist heute eine bedeutende Pilgerstätte – ein Symbol für den Sieg des Glaubens über Verfolgung.
Quellen zur Vertiefung
- Agathangelos, History of the Armenians (5. Jh., wichtigste Quelle zu Gregor)
- Nina Garsoïan, The Armenian Church* (1999)
- Forschungen zur Datierung der Staatsreligion: Claire Mouradian (2019)