Patronatskomitee | die Bibel

Vielen Menschen ist die Schweizerische Bibelgesellschaft (SB) wenig oder gar nicht bekannt. Sie ist eine kleine Organisation und die Mittel für aufwendige Werbekampagnen fehlen. Wohl wird die SB von ihren Mitgliedern finanziell und ideell mitgetragen. Doch nur über Spenden kann die SB ihre Mission umsetzen: Zusammen mit dem Weltbund der Bibelgesellschaften die Übersetzung und Verbreitung der Bibel weltweit fördern.

Im Rahmen der Strategie 2012-2016 fasste der Vorstand der Schweizerischen Bibelgesellschaft den Beschluss, ein Patronatskomitee zu gründen: Persönlichkeiten aus Kirche, Politik, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft etc. stehen mit ihrem guten Namen für die Arbeit der SB im In- und Ausland ein und ermöglichen über ihr Netzwerk, die Bibelgesellschaft weiteren Kreisen bekannt zu machen.

Der Vorstand der SB freut sich, an dieser Stelle die Namen der Mitglieder des Patronatskomitees zu veröffentlichen:

Prof. em. Dr. Walter Dietrich

Emeritus, Altes Testament, Institut für altes Testament

Die kniffelige Aufgabe der Bibelübersetzung

In seinem Referat an der Mitgliederversammlung 2013 stellt Prof. em. Walter Dietrich vom Institut für Bibelwissenschaft an der Universität Bern zuerst einige grundsätzliche Überlegungen zur Aufgabe des Übersetzens an – der Bibel allgemein und speziell auch der Samuelbücher.

Er erklärt: „Jede Übersetzung des Bibeltexts – oder eines Stücks daraus – steht vor einer doppelten Aufgabe, deren beide Zielsetzungen in irgendeiner Weise in Einklang gebracht werden müssen.“ Einerseits müsse die Übersetzung dem Ausgangstext, andererseits dem Zielpublikum gerecht werden – vom gelernten Lutheraner über die Leserschaft, der eine religiöse Sprache fremd ist, bis zu den Jugendlichen mit ihrem eigenen Slang, gibt der Professor zu bedenken.

„Nun bin ich nicht in der Lage, die Samuelbücher für Bauern im Waadtland oder in der chinesischen Provinz zu übersetzen, sondern in einem wissenschaftlichen Kommentar. Gleichwohl muss ich mein Zielpublikum im Blick haben. Es legt Wert auf Exaktheit, auf wissenschaftliche Genauigkeit. Es ist in der Lage, Begriffe und syntaktische Fügungen, die umgangssprachlich vielleicht nicht sehr üblich sind, zu verstehen. Es wird aber auch, so vermute ich, einen Sinn für Gediegenheit und Schönheit von Sprache haben. Und damit komme ich auf das andere Ufer des „Übersetz“ Vorgangs. Die Sprache der biblischen Texte, die ich zu übersetzen habe, ist gediegen und schön, manchmal auch bewusst kantig, ja grob, zuweilen mit Wortspielen verziert.“

Aus dem Referat „Übersetzungsprobleme in den Samuelbüchern“

Philipp Hadorn

Ehemaliger Nationalrat

Was mir die Bibel bedeutet

«Die Bibel lässt Annahme und Zuspruch Gottes erleben»

Die Bibel, mehr als 1’000 Seiten, mehr als ein Roman, mehr als eine Reihe von Erzählungen, mehr als eine Grundlage zur Meditation, mehr als eine Herausforderung, mehr als eine Hilfe zur eigenen Positionierung, mehr als wertvolle Lebensinputs, mehr als Hilfe zur Klärung der Sinnfrage, mehr als eine Anregung für eine ehrliche & offene Gesellschaft, mehr als eine Ermutigung zu Respekt gegenüber Gleich- und Andersdenkenden/Gleich- und Andersglaubenden, mehr als ein Blick in vielfältige Lebensentwürfe, mehr als ein Rückblick und Ausblick in andere Zeiten, mehr als eine Provokation, mehr als ein Zuspruch, mehr als Testimonial voraussetzungsloser Liebe, mehr als ein Angebot Vergebung zu leben und zu erleben, mehr als …
… vielleicht ist die Bibel für mich ganz einfach eine Hilfe, Gemeinschaft mit Gott zu erleben und damit den Versuch zu wagen, mein Leben durch Jesus Christus prägen zu lassen.

Cédric Némitz

Ehemaliger Gemeinderat Biel-Bienne, Direktor Bildung, Kultur und Sport

Was mir die Bibel bedeutet

«Die Bibel inspiriert uns heute immer noch und erinnert uns daran, dass wir nicht allein sind.»

Es ist und bleibt ein Abenteuer, das Vertrauen in Gott in seinem Leben mizutragen. Für das Gute und manchmal auch, ohne das Schlimmste verhindern zu können. Der Glaube nimmt keine Rücksicht auf den Gläubigen. Er begleitet ihn, schützt ihn, setzt ihn aber auch gewissen Risiken aus.

Die biblischen Texte sind die umfassendste Sammlung an Zeugnissen von allen, die es gewagt haben, mit diesem Vertrauen zu leben. Und die Auswahl ist vielfältig. Aus der Tiefe der Jahrhunderte, in verschiedensten Situationen, im Schicksal von allen diesen Frauen und Männern wird uns die Komplexität der menschlichen Existenz unter Gottes Blick erzählt, durch ihre Aufschreie, ihre Gesänge und ihre Gebete. Das Mosaik ist ebenso schön und vielfältig wie jeder unserer Lebenswege.

Deshalb ist die Bibel auch heute noch ein Leitfaden. Sie kann ein Echo auf unsere verschiedensten Realitäten sein. Die Bibel inspiriert uns heute immer noch und erinnert uns daran, dass wir nicht allein sind, trotz aller wiedersprüchlichen Zeichen. Im Herzen der Gegebenheiten unseres Daseins, wenn alles gut geht oder alles schlecht geht, ermutigen und nähren diese Texte die Suche nach dem Grunsätzlichen: dass wir auf Gott zählen sollen, dass wir seine wohlwollende und wohltätige Präsenz mitten in dieser Welt erkennen.

Jeanne Pestalozzi-Racine

lic.phil. I, Vizepräsidentin des Stiftungsrates von HEKS/Brot für alle, Zürcher Kirchenrätin 1995-2011

Ein Pfarrer sagt zu einem Rabbi, er könne nicht einschlafen, ohne die Bibel gelesen zu haben. Meint der Rabbi: wenn er die Bibel gelesen habe, könne er nicht mehr schlafen. Nun, Schlafen ist lebenswichtig, und mit dem Psalmisten wissen wir, dass Gott uns auch im Schlaf beschenkt.

Ich orientiere mich gerne an biblischen Texten und lasse mich von ihnen ermutigen. Doch können sie auch wecken, beunruhigen, den Schlaf rauben? Der Theatermacher Milo Rau inszeniert und filmt im süditalienischen Matera die Passion Christi. Matera hat als Kulturhauptstadt 2019 Symbolcharakter für Europa. Darstellende sind Tagelöhner, Migranten und Aktivisten, Jesus wird von einem Wortführer aus Kamerun gespielt. Der Einzug in Jerusalem wird zu einer Revolte gegen moderne Sklaverei, zur Forderung nach besseren Lebensbedingungen und zum dringenden Ruf nach Menschenwürde.

Passionsspiele vergegenwärtigen die Vergangenheit. Doch die Leute, welche ausgebeutet am Rande der Gesellschaft leben, spielen in Matera ihre Passion der Gegenwart. Der Einzug in Jerusalem findet heute statt. Unversehens frage ich mich, für welche Rolle Milo Rau mich anheuern könnte. Als Betroffene wohl kaum, doch als Aktivistin? Bin ich wenigstens Zeugin oder schaue ich nur weg?

Die Letzten werden die Ersten sein – für diejenigen welche um ihr Leben, ihr Recht und ihre Würde kämpfen, möge sich das Bibelwort der Verheissung erfüllen.

Die Letzten werden die Ersten sein – die Bibel aktuell 4/2019

Claude Ruey

Promovierter Jurist und Rechtsanwalt, ehemaliger Kantons- und Nationalrat

Was bedeutet mir die Bibel

«Ich bin nie allein und kann mich immer auf Gott stützen.»

2018 feiern wir das 500-Jahre-Jubiläum der Reformation Luthers. Diese machte es möglich, das Lesen der Bibel zu demokratisieren und die Bibel auch Laien zugänglich zu machen. So ist es ganz natürlich, die Wichtigkeit des Lesens dieser Texte zu unterstreichen. Denn die Bibel ist nicht aus einem Guss. Sie besteht aus zahlreichen Büchern und vielerlei Inspirationen, was ihren Reichtum ausmacht. Dies führt jedoch manchmal auch zu Schwierigkeiten beim Verstehen oder in der Auslegung der Texte. Ich bin kein Theologe und werde mich hüten, die verschiedenen Arten, das Wort Gottes zu lesen, wissenschaftlich zu beurteilen.
Bei mir geschieht das Lesen einfach und unspektakulär: Am Morgen entdecke ich den Vers des Tages im Kalender, den meine Frau und ich in der Küche aufgehängt haben! Jeden Tag gibt mir das Lesen des oder der Verse einen Impuls für den Tagesablauf oder einen Anstoss zum Besinnen.
Sicher kann man das Lesen der Bibel nicht auf einen Vers, der aus seinem Zusammenhang gerissen wurde, beschränken. Aber dieser einfache, täglich gelesene Vers erinnert mich an die Präsenz von Gott, denn er ist immer da, unabhängig von den Umständen, er lässt mich nie fallen. Ich bin nie allein und kann mich immer auf ihn stützen. Für das lohnt sich das Lesen der ganzen Bibel, aber auch einzelner Verse.

Marianne Streiff

Nationalrätin

Was mir die Bibel bedeutet

«Ein Herauspflücken einzelner Bibelverse kann zu widersprüchlichen Aussagen und zu Fehlinterpretationen führen.»

Die Bibel ist für mich Wegbegleitung, Herausforderung, Ermutigung, Einblick in das, wie sich Gott die Welt und das Zusammenleben gedacht hat. Sie ist das Buch, das uns die geistlichen Prinzipien aufzeigt.

Sie ist eine Richtnorm für fast alles Elementare im Leben: das Wesentliche des Glaubens, Aktion und Kontemplation, Meditation und Gebet, Freiheit und Abhängigkeit, Wohlstand und Armut, Frieden und Krieg, Leben und Sterben, Macht und Ohnmacht, christliche Identität.

Dass die Bibel von gläubigen Christen verschieden ausgelegt und gelebt wird, zeigt, dass sie nicht einfach als Rezeptbuch gebraucht werden kann. Sie kann nur im Kontext gelesen und verstanden werden. Ein Herauspflücken einzelner Bibelverse kann zu widersprüchlichen Aussagen und zu Fehlinterpretationen führen. Das Lesen der Bibel ist für mich immer wieder mit der Herausforderung verbunden, zu fragen, wie Gott sich in diesem Text zeigen wollte und was das für mich jetzt aussagt. So ist die Bibel auch immer wieder spannend und faszinierend.

Die Erfahrungen, die Personen in der Bibel mit Gott machten, die Unperfektheit der Menschen, die trotzdem von Gott gebraucht wurden, die Begegnungen, die Menschen mit Jesus machten – all das ist sehr trostreich und motivierend. In dem Sinn ist die Bibel nebst Lehrbuch auch das Buch der Hoffnung und des Trostes für mich und sicher das Buch, auf das ich am wenigsten verzichten möchte.

Harald Rein

Bischof der Christkatholischen Kirche

WAS MIR DIE BIBEL BEDEUTET

„Lebenshilfe, Hoffnung, Trost und ethisches Programm“

Es ist schriftlich und durch Abbildungen belegt, dass es bei Ökumenischen Konzilien den Brauch gab, in die Mitte der Versammlung auf einen leeren Thron die Texte der Evangelien zu legen. Durch diese Symbolik wurde zweierlei bezeugt. Erstens, dass letztlich Christus der Vorsitzende dieser Versammlung ist und nicht ein Kaiser, Papst, Patriarch, Bischof usw. Zweitens, dass ein Konzil oder jede kirchliche Versammlung nichts beschliessen kann, was dem Geist der Bibel als Ganzes und der Tradition der Kirche widerspricht. So ist die Bibel für mich primär Lebenshilfe, Trost und Hoffnung im persönlichen Leben. Aber zugleich enthält sie ein ethisches Programm für die christliche Lebensgestaltung und ihren Einsatz in der Welt. Dieses muss hermeneutisch sorgfältig im jeweiligen Zeitkontext mit Hilfe des Heiligen Geistes aktualisiert werden.