Die revidierte Einheitsübersetzung 2017

25. September 2016

Am 20. September 2016 wurde der Text der neuen, revidierten Einheitsübersetzung der Öffentlichkeit vorgestellt. Dies geschah im Rahmen einer Pressekonferenz während der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe. Die Vorstellung der neuen Bibelausgabe schliesst einen Prozess von über zehn Jahren Arbeit ab.

Nach über zehn Jahren der wissenschaftlichen Arbeit wird die neue Einheitsübersetzung, nach den Worten des Erfurter Altbischofs Joachim Wanke „Fortschritte an Genauigkeit, an Texttreue und an zeitgemäßer Verständlichkeit“ bringen. Dabei ist die Überarbeitung der verschiedenen biblischen Bücher unterschiedlich ausgefallen. Die Orientierung am Urtext führte zum Teil zur neuen Übersetzung ganzer Bücher, wie etwa dem Buch Jesus Sirach, teilte das Katholische Bibelwerk mit. Im Handel werden die ersten Ausgaben der revidierten Einheitsübersetzung Mitte Dezember 2016 sein.

Zehn Jahre Arbeit an der Revision

Die Vorstellung der neuen Bibelausgabe schliesst einen Prozess von über einem Jahrzehnt Arbeit ab. Der Name „Einheitsübersetzung“ beschreibt eine katholische Bibelübersetzung, die einheitlich für das ganze deutsche Sprachgebiet gelten soll. Im Jahr 2003 verständigten sich die drei Bischofskonferenzen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie die Erzbischöfe von Luxemburg und Vaduz, außerdem die Bischöfe von Straßburg, Lüttich und Bozen-Brixen darauf, eine Revision der damaligen Ausgabe in Angriff zu nehmen. Beginn der Arbeit war 2006.

Aus dem Pressegespräch vom 20. September 2016 hat die Deutsche Bischofskonferenz drei Statements dokumentiert. Auch Antworten zu häufig gestellten Fragen rund um die Einheitsübersetzung sind in einer Datei verfügbar.

Neuerungen der revidierten Einheitsübersetzung

Dr. Katrin Brockmöller, Geschäftsführende Direktorin des Katholischen Bibelwerkes e. V., in Stuttgart, erklärt die Neuerungen der revidierten Einheitsübersetzung. Zu den Revisoren der biblischen Texte gehörten unter anderem der Vorstandsvorsitzende des Katholischen Bibelwerks e.V., Prof. Dr. Michael Theobald, sowie der stellvertretende Vorsitzende, Prof. Dr. Egbert Ballhorn. Mit grosser Deutlichkeit benannte der Vorsitzende des Leitungsgremiums Bischof em. Dr. Joachim Wanke das grundlegende Problem jeder Revision: „Viel Vertrautes bleibt, und einiges wird uns ungewohnt vorkommen – eine wunderbare Chance, dass wir wieder genauer hinhören und Gottes Wort neu an uns heranlassen.“

Geschichte und Stil

Den Anfangsimpuls zur Einheitsübersetzung gab 1960 das Katholische Bibelwerk e.V. mit einer sogenannten „Denkschrift“, die mit Blick auf die Bibellektüre der Gläubigen an die Bischöfe den Wunsch nach einer einheitlichen deutschen Übersetzung richtete. Von daher hat sie den Namen „Einheits“-übersetzung erhalten. Dieses Anliegen stiess auf offene Ohren, noch bevor das II. Vatikanische Konzil den Weg zu einer biblischen und muttersprachlichen Erneuerung von Seelsorge und Liturgie öffnete und in der Offenbarungskonstitution Dei Verbum auch die Übersetzung aus den Urtexten zum Prinzip machte.

Die Einheitsübersetzung ist in grossem Mass ein „Kind“ der innerkirchlichen Erneuerungen vor dem und rund um das Konzil. Das wird deutlich an verschiedenen Aspekten: Die Einheitsübersetzung bietet eine Übersetzung aus den Urtexten in ein gehobenes Gegenwartsdeutsch, weder zu feierlich, noch zu alltagssprachlich. Neben Bibelwissenschaftlern hatten auch Sprachwissenschaftler und Schriftsteller an den Texten gearbeitet. Von diesem hohen Niveau sollten auch bei der Revision keine Abstriche gemacht werden.

Nach über 20 Jahren mehrten sich aber die Stimmen, die v. a. eine Annäherung an die aktuelle Gegenwartssprache sowie die Korrektur von Übersetzungen forderten, deren Textgrundlage oder theologische Interpretation sich verändert hatte. Nach intensiver Vorklärung startete das Revisions-Gremium 2006 mit dem klaren Auftrag seine Arbeit, keine neue Übersetzung, sondern eben eine Revision zu erstellen. Die Intensität der Veränderungen ist je nach Buch verschieden.

Einige Akzente der Übersetzung

Ein Novum ist in der neuen Einheitsübersetzung die deutlichere Nähe zum biblischen Text. Dies wird z.B. bei biblischen Wendungen wie „siehe“, „es geschah“ „er erhob die Augen und sah“ sichtbar und hörbar, die in der Fassung von 1980 als nicht sinngebend gestrichen worden waren. Heute versteht man genau diese „Floskeln“ als Signale für Leser/innen und Hörer/innen, sich dem Wort der Schrift zu öffnen.

Ebenso ist der biblische Sprachgebrauch bei Metaphern und Vergleichen oft wörtlicher beibehalten: Die „Hand“ bleibt eine „Hand“ und wird bei metaphorischer Redeweise nicht mehr aufgelöst zu „Macht“, „Gewalt“ oder „Herrschaft“, und der „Bund“ wird „aufgerichtet“ und nicht mehr „geschlossen“.

Nach 20 Jahren wurde jetzt der Text auch an den aktuellen Sprachgebrauch angepasst, so dass z.B. das Modewort „betroffen“ sein, nun dem biblischen „Staunen“ oder „Erschrecken“ Raum gibt, „Leute“ wieder zum „Volk“ werden und Maria und Elisabeth „schwanger werden“ anstatt zu „empfangen“. Auch sprachliche Hinzufügungen wurden zurückgenommen, nun beginnt 1 Kor 15,36 knapp mit: „Du Tor! ..:“ und nicht mehr als ganzer (aber hinzugefügter Satz): „Was für eine törichte Frage!…“

Offensichtliche Fehler in der Übersetzung wurden ebenfalls korrigiert, so dass der Blindgeborene in Joh 9 nun nicht „wieder“ sieht, sondern eben erstmals „sehen kann“ und David rötlich und nicht etwa blond ist.

Analog zu anderen deutschsprachigen Übersetzungen wie z.B. der Lutherbibel umschreibt die neue Einheitsübersetzung den nicht auszusprechenden Gottesnamen mit „HERR“ (in Kapitälchen) und macht ihn so eindeutig erkennbar. Bisher gab es etwa in 150 Belegstellen die Variante „Jahwe“ oder einfach die Anrede „Herr“, die aber den Namen im Grunde unsichtbar machte.

Eine Überraschung wird für viele die Einführung von inklusiver Sprache sein, wenn eine Gruppe aus Männern und Frauen besteht, wie z.B. in der Anrede an die Gemeinde als „Brüder und Schwestern“ in den Paulusbriefen oder die Bezeichnung „Kinder“ statt „Söhne“. Diese Entscheidung bedeutet aber nicht, dass aus „Mann“ immer „Mensch“ wird und so lautet Ps 1,1 weiterhin: Selig, der Mann …“ („Selig“ allerdings ersetzt das sprachlich schwache „wohl“.)

Vollständig überarbeitet wurden auch die Einleitungen zu den biblischen Büchern, die Überschriften über Sinnzusammenhänge, der Anmerkungsapparat, sowie die Anhänge insgesamt.

Besondere pastorale Chancen

Die Überarbeitung der Psalmen wird vermutlich die grössten Emotionen auslösen, weil man mit diesen Texten oft persönlich sehr intensiv in langer Gebetspraxis verbunden ist. Es braucht vielleicht etwas Anstrengung, um sich z.B. an die Neufassung von Psalm 23 zu gewöhnen. Gleichzeitig steckt genau darin die Chance jeder neuen Übersetzung: Es werden Akzente sichtbar, die vorher verdeckt waren, man hört nochmal genauer hin, man wird sich seiner eigenen Bilder und manchmal auch Vorlieben bewusst.

Psalm 23
1 Ein Psalm Davids.
Der HERR ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen.
2 Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.
3 Meine Lebenskraft bringt er zurück.
Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit,
getreu seinem Namen.
4 Auch wenn ich gehe im finsteren Tal,
ich fürchte kein Unheil;
denn du bist bei mir,
dein Stock und dein Stab, sie trösten mich.
5 Du deckst mir den Tisch
vor den Augen meiner Feinde.
Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt,
übervoll ist mein Becher.
6 Ja, Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang
und heimkehren werde ich in Haus des HERRN für lange Zeiten.

Eine von heute aus gesehen eigenartige „Hebraisierung“ des Titels „Christus“ zu „Messias“ wurde zugunsten des griechischen Begriffs gestrichen. Persönlich habe ich bisher am intensivsten von ersten Leser/innen Rückmeldungen zur Umschreibung des Gottesnamens in Ex 3,14 erhalten. Hier wurde aus dem „Ich-bin-da“ das sprachlich sicher korrektere „Ich-bin“. „Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin, der ich bin. Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Ich-bin hat mich zu euch gesandt.“

Für viele wird gerade diese Veränderung als ein schmerzlicher Verlust des vertrauten „Ich-bin-da“ sein. Das wird in der Katechese neu zu füllen sein und bestimmt jeder Bibelgruppe Anlass zu einem anregenden Gespräch geben.


Dr. Katrin Brockmöller,

geschäftsführende Direktorin Katholisches Bibelwerk e.V. in Stuttgart