Lutherbibel 2017

26. Juli 2016

Pünktlich zum Reformationsjubiläum erscheint die revidierte Lutherbibel. Ziel war es, eine grössere sprachliche Genauigkeit herzustellen und gleichzeitig der Sprachkraft Martin Luthers gerecht zu werden. Sven Bigl von der Deutschen Bibelgesellschaft stellt die «Lutherbibel 2017» vor.

Es ist der erste Höhepunkt im Jubiläumsjahr. Mit einem Festgottesdienst in der Stadtkirche Eisenach beginnen am 30. Oktober 2016 die Feierlichkeiten zu 500 Jahren Reformation. Mittendrin: die neue Lutherbibel, die an diesem Tag symbolisch an die Gemeinden übergeben wird. Siebzig Theologinnen und Theologen haben sie in den letzten Jahren Vers für Vers unter die Lupe genommen. Was 2009 als «Durchsicht» von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beschlossen wurde, wuchs sich zu einer veritablen «Revision» aus. Das bedeutet, dass aufgrund der Vielzahl der Änderungen die neue Textfassung einen eigenen Urheberrechtsschutz geniessen wird.

Insgesamt wurden von den knapp 36‘000 Versen rund 16‘000 überarbeitet (AT, NT und Apokryphen). Die Bandbreite reicht dabei von der Anpassung eines Satzzeichens bis hin zur vollständigen Neuübersetzung. Den Ausschlag für das Projekt lieferte eine stichprobenartige Prüfung einzelner Bibelstellen. Diese kam zu dem Ergebnis, dass die bisherige Fassung (Neues Testament von 1984 und Altes Testament von 1964) an vielen Stellen nicht mehr zuverlässig ist. In der Folge wurden zahlreiche Theologinnen und Theologen als Einzelbearbeiter gewonnen, deren Änderungsvorschläge in Fachgruppen diskutiert und schliesslich von einem verantwortlichen Lenkungsausschuss unter Vorsitz des ehemaligen Thüringer Landesbischofs Christoph Kähler bestätigt werden mussten.

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Übersetzung

Über fünf Jahre lang haben rund 70 Theologinnen und Theologen den Text intensiv geprüft und, wo nötig, überarbeitet. Überprüft wurde der Text der Lutherbibel in seiner letzten Fassung (Altes Testament 1964, Apokryphen 1970 und Neues Testament 1984). Ziel war es, eine grössere sprachliche Genauigkeit herzustellen und gleichzeitig der Sprachkraft Martin Luthers gerecht zu werden.

Am 16. September 2015 auf der Wartburg bei Eisenach wurde der überarbeitete Text der Lutherbibel dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) übergeben, der die Revision beschlossen hatte. Nach Abschluss der inhaltlichen Arbeiten beginnt die Deutsche Bibelgesellschaft (DBG) nun mit den Vorbereitungen zur Drucklegung. Ihr wurde von der EKD das Verlagsrecht für die „Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers“ übertragen. 500 Jahre nach den Anfängen der Reformation und zehn Jahre nach den ersten Bestrebungen um eine erneute Durchsicht wird die revidierte Lutherbibel 2017 pünktlich zu Beginn des Jubiläumsjahres im Oktober 2016 erscheinen.

Einmalig in der Revisionsgeschichte

In nur fünf Jahren wurden die Bücher des Alten und Neuen Testaments sowie der Apokryphen vollständig durchgesehen und korrigiert. Das ist in der bisherigen Revisionsgeschichte einmalig. Das Ergebnis ist eine umfassende, in sich geschlossene Revision, bei der die verschiedenen Teile erstmals einen einheitlichen Stand widerspiegeln. Die aktuellen wissenschaftlichen Befunde finden genauso Berücksichtigung wie die Pflege der Sprache Martin Luthers und ihre Wirkungsgeschichte.

Genauigkeit

Die Treue gegenüber dem Ausgangstext ist das zentrale Anliegen der Revision 2017. So wurde die gesamte Bibel anhand der hebräischen und griechischen Urtexte überprüft und der aktuelle textwissenschaftliche Kenntnisstand in die Arbeit einbezogen.

Ein Beispiel dafür ist die «Sturmstillung» nach Matthäus 8,24.

Hier heisst es in der Fassung von 1984: «Und siehe, da erhob sich ein gewaltiger Sturm auf dem See, sodass auch das Boot von Wellen zugedeckt wurde.»

Der im griechischen Text verwendete Begriff seismós meint aber eher eine Erschütterung als ein Wetterphänomen. In der Lutherbibel 2017 wird es deshalb exakter heissen: «Und siehe, da war ein grosses Beben im Meer».

Verständlichkeit

Neben der textlichen Zuverlässigkeit galt es auch der sprachlichen Entwicklung Rechnung zu tragen. So haben im Lauf der letzten Jahrzehnte einzelne Begriffe ihre Bedeutung gewandelt oder sind aus dem allgemeinen Wortschatz verschwunden. So wurden missverständliche und unverständliche Begriffe in der Lutherbibel 2017 behutsam angepasst. Ein Beispiel dafür ist der Begriff «Erbgut» (Num 18,20), der nach den naturwissenschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte seine Bedeutung in den Bereich der Genetik verlagert hat und für den stattdessen «Erbteil» gewählt wurde.

«Luthersprache»

In Abwägung von Texttreue und Verständlichkeit war es ein besonderes Anliegen, das sprachliche Profil der Lutherbibel wieder zu schärfen. Im Verlauf der letzten Revisionen waren vielfach sprachliche Modernisierungen vorgenommen worden, welche die prägnante Luther-Sprache mit ihren kraftvollen Bildern und dem charakteristischen Rhythmus an vielen Stellen verflachte. Neben den hebräischen und griechischen Grundtexten wurde daher die letzte von Luther selbst verantwortete Fassung von 1545 zur Orientierung herangezogen. Vielfach stellte sich dabei heraus, dass Luther zu seiner Zeit genauer gearbeitet hat als die späteren Revisoren. Und so konnten in etwa einem Drittel aller Änderungen die Bearbeiter dem «Original Luther» folgen. In Psalm 42 wird es beispielsweise wieder heissen «Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser» anstatt «lechzt nach frischem Wasser», denn diese Fassung ist sowohl textlich präziser als auch bei Luther selbst belegt.

Aus dem neuen Text ein «Buch der Bücher» zu machen ist nun Aufgabe der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart, die das Verlagsrecht der Lutherbibel innehat. Es wird eine neue und doch vertraute Bibel sein: vertraut in ihrem Klang, aber neu in ihrer Gestaltung und ihrem Schriftbild.

Die Lutherbibel 2017 ist im Bibelshop erhältlich. Neben den Standardausgaben gibt es ein von Rufus Beck gelesene Hörbuchversion sowie die App der SB nach dem Bibelleseplan.