Besuch der mongolischen Christen in Genf

2. September 2024

Reelkhumbe Ulziitogos mit ihrer mongolischen BibelSeit 12 Jahren gibt es in Genf eine kleine, lebendige, mongolische christliche Gemeinde. Gegründet hat sie  Ulziitogos Reelkhumbe. Die ehemalige Buddhistin kommt ursprünglich aus Ulan-Ba­tor der Hauptstadt der Mongolei. Dort hat sie die evangelische Gemeinde Living word kennengelernt. Sie wurde Christin und machte einen zweijährigen Bibelkurs. Nun ist sie die Vorsteherin der mongolischen Kirchgemeinde in Genf, die denselben Namen trägt: Living word Geneva.

Emmanuel Episcopal Church Geneva

Ganz am Anfang, als Ulziitogos Reelkhumbe hier in Genf die mongolische Kirche aufbaute, traf man sich in Wohnungen. Die Gemeinde wuchs und fand Platz in verschiedenen Kirchen in Genf. Seit zwei Jahren darf sie die Emmanuel Episcopal Church für ihre Gottesdienste nutzen. Diese katholische Kirche unweit des Jet d’Eau wird von verschiedenen evangelischen Gemeinden genutzt.

Der Gottesdienst an diesem ersten Sonntag im September beginnt um 15:30. Neben Ulziitogos Reelkhumbe sind ein gutes Dutzend Frauen, ein paar Kinder und ein Mann da. Von den rund 1000 Mongolen in Genf habe es schlicht viel mehr Frauen als Männer aus der Mongolei, denn erstere fänden leichter Arbeit, erfahre ich in Gesprächen nach dem Gottesdienst. Viele arbeiten als Hausangestellte bei Familien. Sie kommen aus wirtschaftlichen Gründen in die Schweiz, um ihre Angehörigen zu Hause zu unterstützen. So kann auch Ulziitogos Reelkhumbe nicht von ihrem Predigtdienst leben und arbeitet nebenbei bei verschiedenen Familien: Sie bügelt, putzt, hütet Kinder.

Lobpreislieder auf Mongolisch

Der Gottesdienst beginnt. Im Chorraum spielt eine Frauengruppe mongolische Lobpreislieder. Eine spielt am Keyboard, eine Gitarre und zwei singen.

Nach dem Gottesdienst treffen sich die Gläubigen in einem Raum unter der Kirche zu Kaffee, Tee und mongolischem Gebäck. Hier kommen sie auch jeden Mittwochabend zu einem kleinen Gottesdienst mit Bibellesung und Austausch zusammen.

Eine der beiden Sängerinnen der Band, Soonii Khishigsuren, wählt die Lieder aus. Es gebe in der Mongolei schon viele christliche Lieder, weiss sie. Sie kam 2017 mit ihrem Mann nach Genf, um hier zu arbeiten. Hier in ihrer Muttersprache Gottesdienst feiern zu können, bedeutet ihr “alles! Gott ist meine Nummer eins”. Auch wenn sie die Mongolei vermisst – sie war seit ihrer Ankunft nicht mehr zu Hause – gefällt es ihr in Genf. Ihr Aufenthalt gibt ihr die Möglichkeit, ihre Verwandten zu unterstützen. Sie lädt auch viele ihrer nichtchristlichen Freunde ein, mit ihr in die Kirche zu gehen.

Natsagdorj Feyodor, ein weiteres Mitglied der Gemeinde, lebt seit 10 Jahren in Genf. Sie kommt aus einer buddhistischen Familie. Sie ist die erste in ihrer Familie, die den christlichen Glauben angenommen hat. Das Leben als Christin bedeutet ihr viel: „Es ist mein erfülltes Leben.» Der Gottesdienst gebe ihr Kraft und sei eine Gelegenheit, Gott Vater, dem Heiligen Geist und Jesus zu begegnen. Auch sie hat den Bibelkurs in Ulan-Ba­tor absolviert und begleitet nun Erwachsene mongolischer Herkunft, die sich für den christlichen Glauben interessieren, auf ihrem Glaubensweg.

Kirche als Gemeinschaft

Für Ari Selenge, auch eine ehemalige Buddhistin, die in Genf Christin geworden ist, bedeutet das wöchentliche Zusammenkommen Gemeinschaft: “Da wir nicht in unserem Heimatland sind, können wir uns hier mit unseresgleichen austauschen, in glücklichen und schwierigen Momenten”. Es gebe ihr Kraft und Sinn im Leben. Sie komme nicht her, um sich zu beklagen, sondern um Dankbarkeit auszudrücken und ihr Leben mit den anderen zu teilen. Wenn z. B. Angehörige zu Hause in der Mongolei sterben, trösten sie sich gegenseitig und geben etwas Geld für die Beerdigung.

Mongolischer evangelischer Gottesdienst in GenfSie lobt die Gemeindevorsteherin Ulziitogos Reelkhumbe als vertrauenswürdige Person, die sich sehr für die Gemeindemitglieder engagiere, beispielsweise bei der Wohnungssuche. Diese nickt zustimmend und bestätigt: “In Genf ist es schwierig, eine Wohnung zu finden, und die Preise sind sehr hoch. All dies legen wir vor Gott und beten füreinander und versuchen, einander so gut wie möglich zu helfen.”

Dass bald eine neue mongolische Bibel herauskommt, weiss Ulziitogos Reelkhumbe. Sie hat die bereits fertig übersetzten Bücher digital auf ihrem Handy und verwendet diese auch im Gottesdienst. Sie sieht auch Unterschiede zwischen der alten und der neuen Übersetzung. Auf die Frage, ob sie nun die neue oder alte mehr schätze, sagt sie überraschenderweise: “Die Alte ist besser.“ Kein Wunder, hat sie mit dieser Übersetzung die Bibelgeschichten kennengelernt. Man sieht es der Bibel an, dass sie sich schon intensiv damit auseinandergesetzt hat: Viele Passagen sind farbig unterstrichen, am Rand stehen Notizen. Auf die Frage, ob sie sich mit der neuen Übersetzung anfreunden wird, wenn sie sie einmal als Buch in Händen hält, antwortet sie: „Schon möglich”.

Ulziitogos Reelkhumbe liest Hebräer 13,5-6

Weihnachten

Auch Weihnachten und Neujahr können die mongolische Life Word Gemeindemitglieder in der Emmanuel Episcopal Church feiern. Im Obergeschoss der Kirche mieten sie einen Raum, in dem sie sich nach dem Gottesdienst in mongolischer Tracht treffen, feiern und traditionell mongolisch essen, wozu Fleisch und Milchprodukte gehören.


Unterstützen Sie das Projekt zur Neuübersetzung der mongolischen Bibel, an dem ausschliesslich mongolische Muttersprachler beteiligt sind.