Die Mitgliederversammlung vom 12. Mai 2015 in Egerkingen SO stand unter dem Motto „face THE book – 60 Jahre Schweizerische Bibelgesellschaft“. Illustre Gäste diskutierten am Nachmittag über die Zukunft der Schweizerischen Bibelgesellschaft.
Eine etwas andere Mitgliederversammlung
In der reformierten Pauluskirche in Egerkingen, Solothurn fand die diesjährige Mitgliederversammlung der Schweizerischen Bibelgesellschaft (SB) statt. Die Präsidentin des Synodalrates der evangelisch-reformierten Landeskirche Solothurn, Verena Enzler, empfing die MV mit herzlichen Worten. Sie lobte das vielfältige Engagement der SB. Ebenfalls ein Grusswort überbrachte Detlef Hecking, Leiter der Bibelpastoralen Arbeitsstelle des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks.
Der Morgen stand im Zeichen des statutarischen Teils. Während gut zwei Stunden widmeten sich die rund 45 anwesenden Delegierten, Einzelmitglieder und Gäste den Geschäften. Reto Mayer, Präsident der SB, führte durch den Morgen. Es galt abzustimmen über den Jahresbericht sowie über die Jahresrechnung, welche mit einem Defizit von 44‘792 abschloss. Die Mitglieder haben dem Vorstand und der Geschäftsleitung bei allen Geschäften einstimmig das Vertrauen ausgesprochen. Die vorhandenen finanziellen Reserven in den zweckgebundenen Fonds mögen jedoch nicht über die latente, finanzielle Herausforderung bei der SB hinwegtäuschen: Das zweite Mal in Folge musste von den Reserven gezehrt werden.
Weiteres in Kürze:
- In Bezug auf die Legate war 2014 ein aussergewöhnliches Jahr für die SB: Die Höhe der Legate betrug 224‘833 Franken.
- Die Einzelgaben sind tiefer ausgefallen als im Vorjahr. Auch das Fundraising brachte bei den Stiftungen noch nicht das gewünschte Resultat.
- Die Kollekten und Beiträge fielen höher aus als budgetiert. Sie sind auf zwei grosse, ausserordentliche Kollekten zurückzuführen.
Strategie der SB
Mehrmals kam die Frage nach der Strategie der SB auf. Der Vize-Präsident, Martin Vogler, erläuterte die strategischen Überlegungen. Wie es mit der SB weitergehe, sei ein grosses Thema im Vorstand. Die Strategie, die 2012 entwickelt wurde, werde regelmässig angeschaut. Der Vorstand möchte den Auftrag der SB grundlegend anschauen und sich fragen, wie die Stossrichtung für die Zukunft aussehe.
Es gehe darum, in einer Zeit, in der die Relevanz der Bibel abnehme, das Interesse an ihr neu zu wecken. Das Ziel sei, neue Spender zu gewinnen, meinte Vogler. Zum Beispiel mit der Ausstellung „La bible – Patrimoine de l’humanité“ für junge Menschen und der Migrationsausstellung „Gott hat den Fremdling lieb“. Ebenfalls mit Bibelübersetzungsprojekten wie der revidierten italienischen Bibel „Bibbia in lingua corrente“. Ein weiteres Ziel sei, am Jugendkongress „Explo“ in Luzern einen Stand zu haben.
Zwei neue Vorstandsmitglieder
Neu in den Vorstand gewählt wurden Dr. theol. Soham Al-Suadi und Pfarrer Jakob Bösch. Die 34-jährige Soham Al-Suadi ist theologische Projektleiterin der Evangelisch-reformierten Landeskirchen der Deutschschweiz in der wtb-Projektstelle (Erwachsenenbildung). Sie ist zudem Assistentin von Prof. Dr. Hirsch-Luipold, Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Universität Bern. Ende 2014 begann ihr Habilitationsverfahren. Sie vertritt im Vorstand die Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich.
Der 66-jährige Jakob Bösch ist ehemaliger Pfarrer in Thurgau und St. Gallen. Seit 2014 ist er Präsident der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Thurgau. Von 2004 bis 2013 war er Präsident der Schweizerischen Bibelgesellschaft. Er stellte sich für eine erneute Wahl zur Verfügung, um die Vertretung der Ostschweiz im Vorstand zu gewährleisten. Seine ausgezeichnete kirchliche Vernetzung wird es ermöglichen, die SB auch in dieser Region besser bekannt zu machen.
Nicht zur Wiederwahl stellten sich Roby Bär als Vertreter der Evangelisch-reformierten Kirche des Wallis, Pfr. Dr. Michael Baumann als Vertreter der Evangelisch-reformierten Landeskirche Zürich sowie Pierre Aerne aus der Eglise réformée évangélique du canton de Neuchâtel.
Die Zukunft der Schweizerischen Bibelgesellschaft
Am Nachmittag ging es um Inhaltliches: Gekonnt führte Sonja Hasler, TV-Moderatorin in Auszeit, durch ein vielseitiges Programm, in welchem die Bibel und die bibelgesellschaftliche Arbeit im Mittelpunkt standen.
Pfarrerin Claudia Bandixen, Direktorin Mission 21, hielt ein Inputreferat zum Thema „Unverschämt viel Hoffnung – worauf Christen bauen“. Dr. theol. Michael Bangert, Pfarrer an der christkatholischen Predigerkirche in Basel, sprach zum Thema „Die Bibel in der Sprache des Herzens“.
In einem Podiumsgespräch äussersten sich Dr. theol. h.c. Peter Schmid, SEK-Vizepräsident; Pfarrer Heinz Bichsel, Leiter Fachstelle OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn; Hansjürg Mark Wiedmer, Theologe und Chefredaktor der Reformierten Presse; sowie Karl Klimmeck, Theologe und stv. Geschäftsführer der SB.
Die Podiumsteilnehmer diskutierten darüber, ob und wie es die Schweizerische Bibelgesellschaft in Zukunft brauche. Nicht einig wurden sie sich über das Thema „Interpretation“. Karl Klimmeck sagte, dass die SB die Bibel nicht interpretiere. Sie stelle die Bibel als Tool zur Verfügung. Mark Wiedmer äusserte sich dagegen. Er fand, dass schon jede Übersetzung eine Interpretation sei. Karl Klimmeck sagte, es sei die Aufgabe der Kirchen, die biblische Botschaft zu interpretieren, und nicht diejenige der SB.
Heinz Bichsel fand, dass das Abnehmen der Relevanz der Bibel spürbar sei, dass es jedoch fehl am Platz wäre, wenn sich die Bibelgesellschaft zurückziehen würde. Denn so würde der bereits jetzt sich ausbreitende religiöse Analphabetismus in der Gesellschaft gefördert werden. Auch Peter Schmid meinte, dass die abnehmende Relevanz der Bibel ein Kulturverlust sei. Er sagte jedoch, die SB müsse sich „massvoll entstauben“. Es sei wichtig, dass die Bibel verantwortlich vermittelt werde, sagte Bichsel weiter. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass dies vornehmlich die Aufgabe der Kirchen sei, die mit der SB zusammenarbeiten müssten.
Der Präsident der SB, Reto Mayer, hielt in seinem Schlusswort fest, dass die Diskussion uns allen einen Spiegel vorgehalten habe. Die Anregungen würden nun im Vorstand geprüft.