Auch das Matthäus-Evangelium erzählt von einem Ursprung: «Buch des Ursprungs (Genese) Jesu Christi» beginnt es. Die Kindheitserzählungen am Anfang des Matthäusevangeliums verwurzeln Jesus tief in der Geschichte Israels und lenken den Blick zugleich schon auf die nichtjüdischen Völker: Jesus wird in 1,1 als Messias für jüdische Menschen («Sohn Davids») wie auch für Nichtjuden («Sohn Abrahams») bekannt. Deshalb erinnern die Geschichten über seine Kindheit an Mose (Rettung aus einem Kindermord; Ägypten) und bringen zugleich nichtjüdische Menschen ins Spiel (die vier Frauen im Stammbaum und die Sterndeuter). Die Verkündigung Jesu formuliert Matthäus wörtlich gleich wie die Verkündigung Johannes des Täufers: «Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe» (4,17; 3,2).
Die sogenannte «Bergpredigt» ist wohl die berühmteste der fünf grossen Reden im Matthäus-Evangelium. Durch diese Reden wird Jesus als «Lehrer» stilisiert, der durch Gleichnisse lehrt und in der jüdischen Tradition der Rabbiner steht. Das anbrechende Reich der Himmel wird hier auf Erden durch die vielen Heilungen und die Mahlgemeinschaft mit Aussenstehenden sichtbar. Geschrieben ist das Matthäusevangelium unter Vorlage des Markusevangeliums, einer Spruchquelle und eigenes Material um das Jahr 80 im syrisch-galiläischen Raum. Die vielen Schriftzitate aus der Heiligen Schrift Jesu, dem Ersten Testament, holen die damaligen Leser:innen bei ihren jüdischen Erfahrungen und Denkmustern ab und verkünden Jesus als den Immanuel – «Gott ist mit uns».